Wir hatten uns im Vorjahr mit Vergnügen der Kaffeehauskultur in Budapest gewidmet und ein Aspekt unserer Reise nach Prag war auch, die Kaffeehauskultur in Prag zu erkunden.
Wie viele europäische Metropolen hatte auch Prag seine Gründerzeit im 19. Jahrhundert.
Zu Zeiten der k.u.k. Monarchie übernahm man nicht nur den vorherrschenden repräsentativen Baustil aus Wien, sondern auch die klassischen Kaffeehäuser jener Zeit. Prags Kaffeehaus-Gesellschaft blühte vom späten 19. Jahrhundert bis in die 1930er Jahre, als sich die Cafés der Stadt als Treffpunkte für Künstler, Schriftsteller, Journalisten, Aktivisten, Exilanten und politische Dissidenten anboten.
Die Kaffeehaustradition in Prag spielte eine wichtige Rolle bei der Entstehung des öffentlichen Lebens: Die Kaffeehäuser entwickelten sich im Laufe ihrer Geschichte zu Orten des intellektuellen und künstlerischen Austausches, der bürgerlichen Bildung, des Handels und politischer Organisationen.
Sie dienten zur Unterhaltung und wurden nicht zuletzt zum Treffpunkt verschiedener Kulturen.
Café Montmartre – Wo Hašek und Kafka an einem Tisch saßen

Das Café Montmartre wurde 1911 von dem bekannten Prager Kabarettisten Josef Waltner gegründet. Von allen Gasthäusern in der Altstadt hatte es die besten Voraussetzungen, zum Zentrum der künstlerischen Bohème zu werden.
Es befand sich in einer Nebengasse in einem altertümlichen Haus. Die Decke in der Hauptstube war mit kühnen erotischen Bildern ausgemalt, die wie eine Parodie auf den damals verbreiteten Kubismus wirkten.
Es gab dort regelmäßige Programme, in denen Sänger und Schauspieler aus unterschiedlichen Prager Theatern auftraten. Später engagierte Waltner auch ständige Mitwirkende aus den Reihen der damals arbeitslosen Künstler, zum Beispiel Emil Arthur Longen und seine Ehefrau Xena, die französische Chansons perfekt vortrugen.aus: Almanach der böhmischen Synkope (zit. nach Jakub Šiška, 2015)

Dass die Geschichte des Cafés sehr gut dokumentiert ist, das ist vor allem dem deutschsprachigen Journalisten Egon Erwin Kisch zu verdanken.
In seinem Buch Abenteuer in Prag erwähnt er unter anderem, dass während der Habsburgermonarchie in dem Café zum ersten Mal Tango getanzt wurde.
Josef Waltner soll diesen Tanz in Paris gesehen und auch sofort gelernt haben. Diese Informationen lassen sich heute nicht mehr überprüfen. Kisch war aber jedenfalls Stammgast im Montmarte, sagt der heutige Eigner des Cafés, Milan Jaroš.






Das Café hatte zur Zeit seiner Gründung von zehn Uhr abends bis zehn Uhr vormittags geöffnet.
Weil die meisten Prager Lokale ab Mitternacht schon geschlossen hatten, versammelten sich diejenigen, die noch nicht nach Hause gehen wollten, eben hier. Bemerkenswert war, dass das Montmartre ein Treffpunkt für tschechische, deutsche und jüdische Gäste war. Die meisten Menschen bevorzugten nämlich hingegen ihre Cafés nach der Nationalität.
Hier saßen sie aber alle an einem Tisch: Jaroslav Hašek, Franz Kafka, Johannes Urzidil und Gustav Meyrink – einfach die ganze Prager Bohème.Milan Jaroš, Eigner des Cafés

Fantova Kavárna – Jugendstil im Hauptbahnhof
Wer am Hauptbahnhof in Prag ankommt und durch die moderne Halle mit den auffälligen roten Lampen geht, kann sich kaum vorstellen, dass sich ein Stockwerk darüber die ehemalige Wartehalle in reinstem Jugendstil befindet.
Da wir uns die Halle mit ihren großzügigen Glasfenstern anschauen und im Café verweilen wollten, haben wir uns einen anderen Tag als den Ankunftstag dafür Zeit genommen.

Steht man dann in der großen Halle, kommt man aus dem Staunen nicht heraus.
Der Bahnhof entstand 1871 und von 1901-1909 wurden technische Erweiterungen und Umbauten nach einem Entwurf von Josef Fanta durchgeführt und die Abfertigungsanlagen im prächtigen Jugendstil umgebaut.
Ein Blick in die große Kuppel lohnt sich. Sie ist mit tschechischen Wappen und Frauenskulpturen verziert und der Namenszug Praga mater urbium (Prag, Mutter der Städte) darf nicht fehlen.
Josef Fanta ist auch der Namensgeber des Cafés.







Das Farewell Memorial
Ich kenne das Denkmal in London vor dem Haupteingang der Liverpool Street Station.
Etwa 10.000 jüdische Kinder aus Deutschland, Österreich und der Tschechischen Republik kamen 1938/39 auf sogenannten Kindertransporten in der britischen Hauptstadt London an, viele am Bahnhof Liverpool Street.
Ein Denkmal im Prager Hauptbahnhof ist den Winton children gewidmet.
Knapp 700 jüdische Kinder waren unmittelbar vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vom britischen Bankangestellten Nicolas Winton aus Prag gerettet worden.
Milena Grenfell-Baines lebt in Großbritannien und organisierte die Errichtung des zweiten Denkmals.
Für die Eltern der geretteten Kinder, die selbst den Holocaust zum Großteil nicht überlebt haben.
Das Denkmal soll ein Zugtürfenster darstellen. Auf der einen Seite des Fensters werden sich Abdrücke von Kinderhänden befinden, auf der anderen Seite die Hände der Eltern. Wir nennen es ‚Abschiedsdenkmal‘, das ‚Valediction Memorial‘.


Das Fantova Kavárna
Nach der Runde durch die Halle landeten wir dann im Café, wo wir magisch von den Schaukeln um den Tresen angezogen wurden. Barhocker kennt man ja, aber Schaukeln? Das mussten wir ausprobieren und hatten mächtig Spaß dabei!





Grand Café Orient – Ecken und Kanten mit Stil

Zwischen dem Altstädter Ring und dem Platz der Republik stand im Barock ein Geschäftshaus, das als Hauszeichen eine schwarze Madonna hatte.
1910/11 baute der Architekt Josef Gočár genau an dieser Stelle ein Kaufhaus im Stile des Kubismus, der seinen Ursprung in der Malerei hatte. Damals ultra-modern und futuristisch ist es heute ein architektonisches Denkmal für diesen Stil, der als Merkmal eine Dominanz in der Fläche hat und die an einen Kubus erinnernden klaren Kanten.
Nach der Rekonstruierung Anfang der 90er Jahre zog die Nationalgalerie Prag in das Gebäude ein und eröffnete das Kubismus-Museum. Auf den Etagen 3-5 erstrecken sich die Ausstellungsräume und zeigen Möbel, Porzellan und andere Gegenstände aus dieser Stilrichtung.
In den unteren zwei Etagen befindet sich das Grand Café Orient, dessen originale Einrichtung um 2005 wieder hergestellt wurde.


Kubistische Architektur gibt es eigentlich nur auf tschechischem Boden. Das macht diesen Stil auch so einzigartig. Kubistisch gestaltete Häuser findet man nur an einigen Orten eben hierzulande.
Rudolf Břínek, Leiter des Cafés

Der erste Wow-Effekt ist das großartige Treppenhaus! Ich liebe Wendeltreppen und Häuser mit markanten Treppenhäusern.
Das Treppenauge in Form einer Glühbirne im Haus der Schwarzen Madonna ist einzigartig und unverwechselbar. Und deshalb zeige ich es euch in Farbe und schwarz-weiß.





Und es verwundert kaum, dass das Spritzgebäck mit seiner leckeren Vanillefüllung keine Rundungen aufweist, sondern eckig daher kommt! Leider nicht auf einem kantigen Teller serviert . . .
Das Gebäck heißt bezeichnenderweise Kubistický věneček und gehört zu den traditionellen tschechischen Kuchensorten.

Café Melvin – die kleine Zuflucht
Das Café Melvin ist kein spektakuläres Café, sondern ein kleiner, feiner Zufluchsort, an dem man sich ausruhen kann, Kaffee und Kuchen genießen, bevor man sich in den Trubel des Goldenen Gässchens oder der Burg und dem Veitsdom begibt.


Das Café liegt links vom Goldenen Gässchen und vom Fenster im Gastraum kann man auf das belebte Gässchen schauen. Siehe Foto oben rechts.


Ich habe ein Stück Medovník bestellt, ein typisch tschechischer Kuchen, der aus dünnen Schichten von Honigteig besteht.
Nachdem jede Schicht mit einer Karamellfüllung bestrichen wurde, werden die Schichten gestapelt. Der Honigkuchen wird einfach mit zerbröselten Teigkrümeln verziert, die mit gemahlenen Walnüssen vermischt sind.

Nach der Stärkung haben wir uns zu den anderen Touristen gesellt und die hübschen mittelalterlichen Häuser bestaunt und natürlich dem Haus Nr. 22, wo einst Kafka wohnte und die Erzählung Der Landarzt schrieb, einen Besuch abgestattet.
Es ist heute ein Buchladen mit allen Kafkabüchern und Souvenirs, die im weitesten Sinne mit Kafka zu tun haben. Wir haben uns ein Exemplar von Der Landarzt gekauft mit Stempel der Buchhandlung.
Höhepunkt vor dem Abstieg war der wunderbare Blick über Prag mit seinen Türmen und Brücken über die Moldau.



Café im Prager Gemeindehaus (Kavárna Obecní dům)

Das Gemeindehaus fällt auf dem Platz der Republik (Náměstí republiky) sofort auf. Über diesen Platz führte einst einer der wichtigsten Handelswege in das Silberstädtchen Kutná Hora (Kuttenberg).
Wegen der strategischen Bedeutung dieses Platzes befand sich hier seit Wenzel IV. der ursprüngliche Herrschaftssitz der böhmischen Könige. Hier startete außerdem auch die Krönungsprozession
und 1918 wurde hier die Tschechoslowakische Republik ausgerufen.
Heute erinnert lediglich der gotische Pulverturm, der sich eng an das Gemeindehaus schmiegt, an diese bedeutungsvolle Vergangenheit.
Das Gemeindehaus wurde von den Architekten Antonín Bolšánka und Osvald Polívka entworfen.
Die Interieurs wurden von Alfons Mucha, Max Švabinský, Mikoláš Aleš und anderen bedeutenden tschechischen und ausländischen Künstlern gestaltet.
Auf dem Foto oben sieht man im Erdgeschoss rechts die Fenster zum Gourmetrestaurant des Gemeindehauses. Auf der linken Seite, wo die Sonnenschirme stehen, befindet sich das Café.

Über diese elegante Treppe gelangt man in das Gemeindehaus. Eine Führung lohnt sich für Jugendstilliebhaber oder ein Konzert im Smetana-Saal.
Aber jetzt gehen wir ins Café.


Glänzendes Jugendstil-Interieur, große Fenster und eine Fontaine mit einer Nymphe aus Carara-Marmor: eine Schau von Prunk und Eleganz. Das Café im Prager Repräsentationshaus.

Die reichen Jugendstildekorationen und floralen Ornamente versetzen einen in die Zeit der Belle Époque, als sich in diesem Zentrum des kulturellen Lebens die höhere Prager Gesellschaft traf.
Für uns war es ein wunderbar ästhetisches Erlebnis.


Zur Einrichtung gehören unter anderem die renovierten Original-Kronleuchter von František Křižík. Und auch weitere Teile der Ausstattung sind Stücke aus dem Jahr 1912, als das Repräsentationshaus eröffnet wurde. Andere, zum Beispiel die Stühle und Sessel, sind originalgetreue Repliken.
Geschäftsführer Tomáš Bílek


Eine Servicekraft geht beständig mit einem schweren Teewagen mit köstlichen Torten beladen durch die Reihen und bietet sie an. Ich hatte mich für dies Pistazien-Schoko-Torte entschieden. Sehr lecker!
In erster Linie sind wir ein Café, bieten aber auch eine Auswahl von Speisen an. Wir haben unsere eigene Konditorei und bieten durchgehend etwa 15 verschiedene Torten an. Manche sind auch glutenfrei. Die Gäste können aber auch zum Mittag- und zum Abendessen zu uns kommen. Wir servieren Fisch, Klassiker der böhmischen Küche oder Salate – also eine Auswahl von allem, was in der Welt gegessen wird.
Geschäftsführer Tomáš Bílek
Café Louvre


Bis 1948 war das Louvre eine der großen Adressen in Prag. Die hohe Prominenz der Zwischenkriegszeit gab sich hier nämlich die Klinke in die Hand.
Wer im Louvre ein und aus ging, kann man auch in den bei uns erhaltenen historischen Zeitungen lesen. Wir hatten wirklich viele bekannte Gäste. Die berühmtesten waren aber bestimmt Kafka, Čapek und Einstein.
Silvio Spohr, Betreiber des Cafès
Seit 1992 hat das Kaffeehaus einige Renovierungen durchgemacht. Und heute treffen sich auch wieder bekannte Schauspieler, Literaten und Honoratioren auf einen Plausch im Louvre.




Leider habe ich die Signatur auf dem Gemälde nicht entziffern können, habe auch keinen Eintrag im Netz dazu gefunden und das Café, das ich angeschrieben habe, hat mir nicht geantwortet. Schade!
Das Kaffeehaus wurde allgemein zum Ort emanzipatorischer Bestrebungen, besonders von Frauen, die dadurch etwa Zugang zu Bildung bekamen und am öffentlichen Leben teilhaben konnten – und die nach Ende des Ersten Weltkriegs ihre Kaffeekränzchen aus dem zuvor überwiegend privaten in den öffentlichen Raum verlagerten. Als „Steigbügelhalter der Frauenemanzipation in Prag“ galt etwa das Café Louvre (Národní 116/20, seit 1902), wo neben dem sog. Louvre-Zirkel deutschsprachiger Intellektueller ab der Jahrhundertwende ebenfalls Damen der tschechischsprachigen Oberschicht verkehrten.Magdalena Eriksröd-Burger, Der Prager Kaffehaus-Lifestyle um 1900 (2022)


Doch ins Café Louvre geht man nicht nur zum Kaffeetrinken, Kuchenessen oder Zeitunglesen – auch wenn das Angebot mit tschechischen, deutschsprachigen und englischen Blättern breit ist. Man kann im Louvre nämlich auch spielen – von Dame über Patience, Sechsundsechzig oder Yatzee bis hin zum Billard.
Diese Tradition des ‚Kaffeehaus-Sports‘ wollten wir bewahren, was uns bisher auch gut gelingt. Vor allem abends sind alle Spiele reserviert, und es herrscht eine angenehme Klub-Atmosphäre. Ich bin der Meinung, dass ein großes Kaffeehaus mit ganztägigem Betrieb auch einen gewissen Unterhaltungswert haben sollte.
Silvio Spohr

Die Tortenauswahl scheint dem Wiener Kaffeehaus zu entspringen. Aber das Louvre punktet nicht nur mit Strudel und großem Braunen, sondern auch mit böhmischem Rahm-Lendenbraten und Pilsner Bier. Eine Prager Melange.
Café Slavia

Das Café Slavia ist eines der ältesten Cafés Prags. Es wurde im August 1884 im
Palais Lažanský eröffnet, unweit der Karlsbrücke und direkt gegenüber dem Nationaltheater.
Von Beginn an zog es ein vielfältiges Publikum an – Bürger, Theaterbesucher und Intellektuelle.
In den 1920er Jahren, der Zeit der Ersten Tschechoslowakischen Republik, erlebte das Slavia eine Blüte. Es wurde in ein französisches Art-Déco-Café umgewandelt und entwickelte sich zum Treffpunkt der künstlerischen Avantgarde. Dichter wie Jaroslav Seifert, Maler wie Jan Zrzavý und Schriftsteller wie Arnošt Lustig zählten zu den Stammgästen.
Berühmt war das Café auch für seine Debatten – hier diskutierten angehende Schriftsteller hitzig über neue Theaterstücke oder politische Ideen.


Während der kommunistischen Normalisierung , der Zeit nach dem Prager Frühling 1969 bis zur Samtenen Revolution 1989, behielt das Slavia eine besondere Rolle: Es diente als informeller Treff der Dissidenten. Václav Havel, der spätere Präsident, saß hier oft an seinem Stammtisch am Fenster, um sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Diese mutigen Treffen unter den Augen des Regimes verliehen dem Ort einen beinahe mythischen Ruf.

Offenbar habe ich einen Faible für Spritzgebäck entwickelt. Diesmal mit Mokkacrème gefüllt und Schokoglasur überzogen. Köstlich!


Trinken, bis die grüne Fee erscheint

Viktor Oliva – Der Absinthtrinker (1901)
Das Gemälde Der Absinthtrinker von Viktor Oliva von 1901 hat mich inspiriert, auch einen Absinth zu bestellen.
Im Café Slavia wird das giftgrüne Getränk aus Wermut, Sternanis, Fenchel und Kräutern stilecht serviert.
In einer Absinthfontäne befindet sich Eiswasser. In die Absinthgläser werden etwa etwa 2 – 3 cm Absinth gefüllt. Auf den Gläsern liegt ein Absinthlöffel mit einem Stück Würfelzucker. Das Ganze wird mit dem Eiswasser nach Belieben aufgefüllt. Der Zucker löst sich und durch die Verdünnung mit Wasser entsteht die milchige Trübung, der Louche-Effekt, die wir von Pernod oder Pastis kennen.
Schmeckt ganz gut. Uns ging es aber hauptsächlich um das Ritual. Und die Gefahr, dass uns die grüne Fee erscheint, bestand ja nicht.

Denn der moderne Absinth darf in der EU nur noch maximal 30 Milligramm des Nervengiftes Thujon pro Liter Alkohol enthalten – zu van Goghs Zeiten waren es bis zu 80 Milligramm.
Wer es mit diesem Zaubertrunk übertrieb, dem soll schon mal eine grüne Fee erschienen sein, wie es Viktor Oliva auf seinem Gemälde festhält.
Künstler wie Oscar Wilde, van Gogh oder Picasso haben dieses Getränk zu sich genommen und die berauschende Wirkung vermutlich als Inspiration für ihre Kunst genutzt.
Café Imperial

Das Café Imperial befindet sich im gleichnamigen Hotel Imperial im Stadtteil Nové Město und wurde im Jahr 1914 eröffnet. Das Gebäude selbst hat eine noch längere Historie: Bereits 1383 stand an dieser Stelle ein Malzhaus, später ein Gasthof namens Zum Schwarzen Adler (U Černého orla).
Mit der Fertigstellung des prächtigen Imperial-Hotels Anfang des 20. Jahrhunderts erhielt Prag eines der luxuriösesten Grandhotels der Donaumonarchie – und das dazugehörige Café wurde sofort zum Magnet für die gehobene Gesellschaft. In der Ersten Republik war das Café Imperial ein beliebter Treffpunkt für die Intelligenz und Künstler: Man weiß, dass Schriftsteller wie Franz Kafka hier ihre Zeit verbrachten. Kafka war bekanntermaßen ein leidenschaftlicher Kaffehausgänger.
Wir hatten nicht reserviert, sondern sind einfach so in das Café gestolpert. Mussten aber gleich am Eingang bekennen, dass wir ohne Reservierung gekommen waren. Es war früher Abend und die Gäste standen Schlange.
Kein Wunder. Denn das Café ist nicht nur ein Café, sondern zugleich ein gehobenes Restaurant, das durch TV-Koch Zdeněk Pohlreich über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist und im Guide Michelin erwähnt wird.
Mit unserem Charme konnten wir den Kellner dazu ermutigen, uns einen Tisch für eine Stunde zur Verfügung zu stellen. Es dauerte dann doch länger, aber wir durften sitzen bleiben, unser köstliches Essen und das Ambiente genießen.

Das Interieur ist eine Augenweide des Art Nouveau und Art Déco. Die Wände und Säulen sind über und über bedeckt mit handgefertigten Keramikfliesen und Mosaiken, die florale und orientalische Muster zeigen. Goldene und bronzene Farbtöne dominieren.
Die Decke glänzt mit aufwändigen Mosaik-Kuppeln, durch die warmes Licht fällt.
Tatsächlich sind diese originalen Elemente von 1914 erhalten geblieben und stehen heute unter Denkmalschutz. Hohe Fenster zur Straße lassen Tageslicht herein und verbinden das prunkvolle Innere mit dem städtischen Treiben draußen. Großes Kino!


Die vier schneeweißen Keramiksäulen bilden das Herzstück des Cafés. Sie tragen die Decke des Raumes.
Links und rechts davon erstrecken sich zwei Gasträume. Wir saßen an dem Tisch, den der Kellner gerade für uns deckt – siehe Foto unten rechts. Von hier konnten wir unsere Blicke schweifen lassen.




Das gefällt mir an den Prager wie Budapestern und Wiener Kaffeehäusern
die selbstverständliche Akzeptanz der Kaffeehäuser in der Gesellschaft, die elegante, oft prunkvolle Einrichtung mit einem Hauch Jahrhundertwende, das zumindest einst kulturelle Leben in den Cafés.
Die schier unerschöpfliche Kuchenauswahl und das reichhaltige Angebot an warmen Speisen, sodass man auch abends ins Café gehen und die Atmosphäre genießen kann. Oft von Klavierspiel begleitet.
Ein Fest für die Sinne!


Ach, wie gerne würde ich in so einem Cafè sitzen, genießen, plaudern, die Zeit verstreichen lassen. Warum bloss gibt es das in unserem Land nicht, solche Hallen des Genusses? Es ist schwer, ein Ranking für diese Cafés in Prag zu erstellen, denn jedes hat seine besondere Geschichte und seinen Charme, wie im Beitrag gut herauskommt. Die meisten Touristen in Prag haben überhaupt keine Zeit, diese Tempel der kuk-Zeit zu genießen. Ich war gerade wieder in dem kleinen Café vor dem goldenen Gässchen, nur auf einen Espresso, aber der war lecker und der Touristenrummel außen vor. Ich bin sehr froh, mit Barbara diese Leidenschaft für die Kaffeehaus-Kultur zu teilen und erlebt zu haben. Noch schöner, sie anhand dieser herrlichen Bilder wieder erwecken zu können, danke Barbara, deine Helga
Liebe Helga,
danke für deine prompte Rückmeldung!
Die Kaffeeverarbeitung haben wir den Arabern zu verdanken. Kultiviert haben dann die Österreicher das Kaffeetrinken in elegantem Ambiente unter der k.u.k Monarchie, die Ungarn und die Tschechische Republik damals einbezog. Aber in Paris hat sich ebenso eine eigenständige Kaffeehauskultur entwickelt. Wie es in Deutschland aussieht, weiß ich nicht. In Koblenz gibt es kein annähernd so schönes Café. Es hat bei uns auch nicht den gesellschaftlichen Stellenwert. Ich bedauere das sehr. Freue mich aber umso mehr, dass wir in Prag voll auf unsere Kosten kamen.
Und du hast Recht. Ich würde mich sehr schwer tun mit einem Ranking. Alle Cafés sind verschieden und haben ihr unverwechselbares Profil.
Liebe Grüße
Barbara