Waiting for Godot?
Im gleichnamigen Drama von Samuel Beckett sitzen Vladimir und Estragon in der Nähe eines kahlen Baumes am Wegesrand und warten auf Godot, der, wie man weiß, nie erscheint. Sie beschließen zweimal, den Ort zu verlassen, bleiben aber unbeweglich sitzen, weil sie ja auf Godot warten. Diese absurde Situation wird in Becketts Drama nicht aufgelöst.
“Let’s go.
We can’t.
Why not?
We’re waiting for Godot.“
Zwei ältere Herren am Wegesrand
Diese Szene kam mir in den Sinn, als ich die beiden älteren Herren auf dem Mauerabsatz sitzen sah. Doch die Situation der beiden scheint ganz anders zu sein: sie hocken entspannt und mühelos auf ihren Fersen, blinzeln in die Sonne und schauen synchron in Richtung Ortseingang.
In einem kleinen Ort in der Region Jodhpur.
Sie warten nicht sinnlos, sondern beobachten das Geschehen am Ortseingang: wer kommt, wer geht, wer mit wem spricht– unaufgeregt, in sich ruhend.
Beide sind weiß gekleidet und passen sich der Farbumgebung der nicht ganz so weißen Wand und dem hell beigen Mauerabsatz an. Der links vom Betrachter sitzende Herr mit einem blassrosa Schal und einem ockerfarbenen hochgeklappten monkey cap. Der andere mit einem apricot-farbenen Schal und einem safran-gelben Turban. Beide Kopfbedeckungen heben sich von dem Hintergrund ab. Der Turban leuchtet in der Sonne. Beide haben weiße Bärte als Moustache bzw. Vollbart. Bei dem Herren links entdeckt man goldene Ohrringe und einen Ring am kleinen Finger. Goldene Ohrringe für Männer haben eine lange Tradition in Indien, die nicht unbedingt bei der jetzigen Generation weitergeführt wird.
Im Gegensatz zu unserer Kultur: Schmuck bzw. Ohrringe für Männer waren lange verpönt – außer einem gediegenen Siegelring als Statussymbol. Die heutige Generation junger Männer schmückt sich dagegen gerne mit Ohrringen.
Die beiden Herren auf dem Mauerabsatz strahlen Güte, Lebenserfahrung und Weisheit aus. Keine Langeweile. Genügsamkeit. Von der man etwas lernen könnte.
… interessiert und kommunikativ
Als sie unsere Gruppe teetrinkend erblicken, stehen beide auf, nehmen majestätisch ihre langen Gehstöcke in die Hand und unterhalten sich mit unserem Reiseleiter. Wir zogen dann weiter und ich habe nicht verfolgt, ob die beiden Männer auf ihren Posten zurückgingen.
Eine eindrucksvolle Begegnung!
Einfach toll! Macht Spaß zu lesen und die Fotos sind ein Traum – ich freue mich auf mehr!
Die Situation hat mir sehr viel Vergnügen bereitet. Das ist so eine der wundervollen Begegnungen, die ich auf Reisen habe, wenn ich mit offenen Augen und einer wertschätzenden Haltung unterwegs bin.
Liebe Barbara,
schon jetzt sind deine Einträge willkommene und erholsame Unterbrechungen im eintretenden Schulalltag.
Liebe Andrea,
sehr gerne und mit großer Freude!